Herr Selbstabwertung trifft auf Frau Selbstliebe

Ein Teil in mir ist gerade wahnsinnig laut. Wer ist es? Der Herr Selbstabwertung. Ich höre ihn lautstark brüllen:

Du bist zu hässlich, um dich mit diesem Menschen zu treffen!

Du darfst dich nicht treffen, bist zu scheisse!

Du hast nicht mal schöne Kleider, die du tragen kannst!

Als ob er dich toll finden würde, schau dich mal an!

Er nützt dich eh nur aus und das hast du voll verdient!

Du hast es sicher nicht verdient, toll gefunden zu werden!

 

Frau Selbstliebe taucht auf und fragt: 

 

Warum sagst du all das?

Warum? Es ist meine Aufgabe!

Wer gibt dir denn diese Aufgabe?

Bö, ich gebe sie mir selbst. Ich will ja einfach auch meinen Teil beitragen und nützlich sein.

Ja aber, was hast du davon, all das zu sagen?

Ich mag diese Energie, ich blühe da voll auf, wenn ich lautstark brüllen kann. Ich tu das richtig gern. 

Es irritiert mich sehr. Ich verstehe nicht, warum du das tust, all diese abwertenden Sätze sagen.

Was irritiert dich?

Ja, dass du so böse auf Velina schaust und auf sie einbrüllst. 

Hm.. okay. Das tut mir grad leid. Ich will nämlich gar nichts böses, führe nur meine Aufgabe aus und der Inhalt ist nun halt mal Selbstabwertung. Ich wusste nicht, dass dich das so irritiert. 

Ich fühle mich ein bisschen in die Ecke gedrängt von dir. Du lässt mir gar kein Platz mehr übrig. So mag ich nicht mit dir zusammenarbeiten. Es tut mir nicht gut, wenn ich all diese Sätze höre. Ich glaube sie nämlich und lasse mich von deiner Energie, die in einer Wucht daherkommt, einnehmen und hinterfrage dadurch meine Sätze, also, meine Aufgabe. 

Das ist gaaar nicht meine Absicht. 

Ja aber was ist denn deine Absicht?

Ja, einfach meine Aufgabe ausführen. So wie du sie doch auch hast, oder? Du hast bestimmt auch die Absicht, deine Aufgabe ganz gut zu machen?

Ja. Ich will meine Aufgabe auch ausführen. Und meine Aufgabe ist es, Liebe, Wertschätzung und Zufriedenheit in das ganze Wesen von Velina hineinzustrahlen. Ich komme aber gerade nicht wirklich dazu, weil du alles einnimmst. 

Das war mir nicht bewusst...

Ja, jetzt weisst du es ja. Magst du mir vielleicht auch Raum geben, das wäre Velina sehr geholfen. 

Ja klar! Weiss nur grad nicht so wie..

Vielleicht kannst du mir bei meinen Sätzen mal zuhören?

Ja, wieso nicht. Schiess los. 

Kuul! Danke. 

Velina ist ein schönes Wesen, sie sieht die Welt in so einer tiefen Schönheit. Sie hat eine Öffnung im Herzen, die sie ganz wunderschöne Dinge beiziehen lässt. Velina liebt die Stille und mag es, eifach zu sein. Velina hat eine Energie, die viel kreieren kann. Sie liebt mit ganzen Herzen, lässt Freude durch den ganzen Körper strömen. Velina ist schön und hat voll viele tolle Gedanken. Velina hat so viele Ideen und sie bringt sie auf den Boden. Velina hat sich selbst gern und es ist ihr sehr viel Wert, auf sich und auf ihr Herz Acht zu geben. 

Ja.. Es gäbe noch so viel zu sagen, so wie du bestimmt auch ganz Vieles zu sagen hast.

Danke für dein Teilen! Hat grad gut getan, dir zuzuhören. Du kommst so in einer angenehm ruhigen Art daher. Hat meine Energie runtergebracht und ich denke, ich bin für heute mal fertig mit meiner Aufgabe. 

Gern! Ich mache noch ein bisschen weiter. Ich wünsche dir eine gute Erholung. 


Ich übernehme wieder, in der Perspektive von Velina. 

 

Diese Auseinandersetzung mit diesen beiden Teilen hat mir geholfen zu erkennen, dass die Selbstabwertung bzw. Herr Selbstabwertung mir nichts böses will. Er nimmt einfach oft sehr viel Raum ein, wobei nur noch diese Stimmen hörbar sind. Wenn ich nur noch auf diese Stimmen höre, breitet sich in mir eine sehr unschöne Energie aus. Ich beginne, mich zu hinterfragen. Umso freudiger bin ich, das ich auch noch Frau Selbstliebe kenne, die ich dann beiziehen oder ihr den Raum geben kann. 

Und was mache ich nun damit?

Ich versuche Frau Selbstliebe nun so lange Raum zu geben, bis es sich in mir nicht mehr eng anfühlt. Solange einer dieser beiden Teile sich krampfhaft den Raum erkämpfen muss, ist in mir eine Enge. Sobald beide gehört wurde, fühlt es sich befreit und offen an. 

Und wie gebe ich der Frau Selbstliebe ihren Raum?

Ich stelle mir folgende Fragen:

  • Was schätze ich an mir?
  • Was glaube ich, kann ich meinen Mitmenschen bieten?
  • Was kann ich gut?
  • Wo erlebe ich ganz viel Freude?
  • Was fällt mir leicht?
  • Was wünsche ich mir für mich?
  • Was möchte ich mir erlauben?
  • Was bin ich mir Wert? Und wie kann ich mir das zeigen?

Beispielsätze:

  • Ich schätze an mir, dass ich immer wieder den Willen aufbringen kann, mich liebevoller zu behandeln.
  • Ich glaube, dass ich meinen Mitmenschen ein Raum von "Du bist gut, wie du bist" bieten kann.
  • Ich kann gut schreiben.
  • Ich erlebe sehr viel Freude, wenn ich im Wald bin und all die Bäume sehe, wie sie sich ihren Weg suchen und ihn finden. 
  • Es fällt mir (meistens) leicht, meine Gedanken zu erfassen.
  • Ich wünsche mir für mich, dass ich die Strenge in mir konstruktiver nutzen kann. 
  • Ich möchte mir erlauben, öfters einfach so sein zu dürfen, wie ich gerade bin.
  • Ich bin es mir Wert, das Leben dafür zu nutzen, ganz viel zu erleben. Ich zeige es mir, indem ich mir einen Schubs gebe und mich in Situationen wage, die ich, wenn ich nach meinen Ängsten handeln würde, nicht tun würde.